Krieg ist noch nicht vorbei …
“WAR ISN’T OVER YET WOMEN IN WAR AND OTHERS – UKRAINE”
So der Name der Fotoserie, die der tschechische Fotograf David Tesinsky 2017 in der Ukraine fotografiert hat. In Kooperation mit der Dresdner Galerie Falkenbrunnen haben wir den Fotografen kurzfristig gewinnen können, diese Fotoserie nun nach Berlin und München jetzt auch in Dresden zu zeigen.
Seine Bilder sind alles andere als leichte Kost!
Der Blick auf seine Webseite verrät einiges. Die aussagekräftigen Titel und Überschriften seiner Reportagen und Fotoserien ist stets in Großbuchstaben gehalten, effektfrei kommen die Bilder daher und nahbar füllen die Protagonist:innen sofort den Monitor. Viel Raum für Interpretation lässt seine Art zu sehen nicht zu. Das Wort Krieg in den ersten Zeilen zu lesen, verstört trotzdem! Die fetten Letter machen das kurze Wort zum echten Schwergewicht, dass man es gleich wieder verdrängen möchte, ehe es sich in der äußeren Hirnrinde einbrennt.
Die Fotoserie zeigt das Leben der ukrainischer Soldat:innen. In einem Krankenwagen versteckt, reiste der tschechische Fotograf David Tesinsky 2017 in die russisch kontrollierten Teile der Ost-Ukraine. Dort fotografierte er für eine Ausstellung in Kiew weibliche Soldat:innen, welche für die ukrainische Armee im Donbass kämpfen. Eingebettet ist die Fotoserie in eine Dokumentation der Zivilbevölkerung im Kriegsgebiet.
“WAR ISN’T OVER YET WOMEN IN WAR AND OTHERS – UKRAINE”
David Tesinsky zeigt Bilder aus der Ukraine
Montag – Freitag
12 Uhr – 20 Uhr
GALERIE FALKENBRUNNEN
Chemnitzer Straße 48
01187 Dresden
Mit freundlicher Unterstützung von Jugendverein Roter Baum und Reprogress GmbH
“Ich mache mich allein auf den Weg,
versuche, vor Ort Menschen kennenzulernen …”
Interviewerin: Nastasia Herold (freie Journalistin)
Interviewter: David Tesinsky (freier Fotograf und Foto-Journalist)
Datum: 25.03.2022
Nastasia Herold: Herr Tesinsky, wie würden Sie Ihre Fotografien mit Ihren eigenen Worten beschreiben?
David Tesinsky: Mit meinen Bildern möchte ich alles auf eine authentische Weise auffangen und damit die Augen des Publikums öffnen. Manche Bilder sind kontrovers. Ich fotografiere bizarres, das was auf der Straße passiert. Ich möchte die Betrachter und Betrachterinnen mit dem Moment, den ich fotografiere, konfrontieren. In meinen Bildern soll ein Sinn stecken, sie sollen Stereotype zerstören und das Publikum konfrontieren. Foto-Journalismus ist für mich eine Waffe, die Stereotype tötet, und ein Werkzeug, das Augen öffnet.
Herold: Was motiviert Sie, gerade an die Orte zu fahren, zu denen Sie fahren? Was inspiriert Sie?
Tesinsky: Ich war bereits in 61 Ländern, daher sind die Gründe auch vielfältig. Früher, also vor etwa zehn Jahren, war es so, dass ich mir einfach billige Flugtickets in irgendein Land gekauft habe und dort geschaut habe, welche Abenteuer auf mich warten. Wenn ich jetzt irgendwohin reise, habe ich bereits eine Idee im Kopf und versuche vor Ort, Menschen kennenzulernen, die die entsprechenden Verbindungen haben, damit ich meine Idee umsetzen kann.
Herold: Wie arbeiten Sie? Allein oder mit Organisationen bzw. Auftraggeber:innen?
Tesinsky: Ich bin Backpacker. Ich mache mich allein auf den Weg, versuche, vor Ort Menschen kennenzulernen, und manche haben dann geeignete Kontakte, z.B. zu lokalen Journalisten und Journalistinnen oder zu Gang-Mitgliedern, wie in Zentralamerika.
Herold: Warum sind Sie 2017 in die ukrainischen Regionen Donetsk und Luhansk gereist?
Tesinsky: Ich war bereits vorher schon mehrmals in der Ukraine, aber immer im Westen. An einem Bahnhof in der Westukraine waren mir 2017 Frauen aufgefallen, die auf ihre Soldatenmänner aus dem Osten der Ukraine warteten. Ich fotografierte die Wiedersehensszenen. Eine Kuratorin aus Kiew wurde auf die Bilder aufmerksam und fragte mich, ob ich auch in die Ost-Ukraine reisen würde, für eine Ausstellung in Kiew. Ich nahm das Angebot an, mit dem Ziel, weibliche Soldatinnen zu fotografieren.
Herold: Wurden die Fotos in den von der Ukraine oder in den von Russland kontrollierten Teilen von Donetsk und Luhansk aufgenommen?
Tesinsky: In den ukrainischen Teilen. Es ist fast unmöglich, in die russisch kontrollierten Teile der Ost-Ukraine zu gelangen. Selbst in die von der Ukraine kontrollierten Teile von Donetsk und Luhansk einzureisen, war auf legale Weise schwer, daher wurde ich in einem Krankenwagen eingeschmuggelt.
Herold: Wenn Sie heute an Ihren Aufenthalt 2017 in der Ost-Ukraine zurückdenken, welche Situation ist Ihnen am stärksten im Kopf?
Tesinsky: Das war, als ich bei der georgischen Einheit eingetroffen bin. Gerade als ich dabei war, allen zur Begrüßung die Hand zu schütteln, wurde die Einheit unter Beschuss genommen und ich musste mich flach auf den Boden legen. Das werde ich wohl nie vergessen.
Auch ist mir in Erinnerung, dass ich ein paar ukrainische Soldaten getroffen habe, die dem Alkohol zugesprochen haben und in ihrem Alkoholrausch um sich schossen und dabei auch einmal eine Zivilistin getötet haben, die gerade in ihrem Auto vorbeifuhr. Jede Geschichte hat zwei Seiten der Medaille.